Das EU-Renaturierungsgesetz im Überblick

Die erfolgreich beschlossene EU-Verordnung soll geschädigte Ökosysteme und Lebensräume bis zum Jahr 2050 wieder in einen guten Zustand versetzen. Das neue Gesetz festigt eine wesentliche Grundlage für den Wohlstand, die Wirtschaft und Ernährungssicherheit in Österreich.

Aerial View of Yukon, Canada
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Von Agrarlandschaften über Grünflächen und Gewässer bis zu den Wäldern – viele unterschiedliche Lebensräume werden von der geplanten EU-Verordnung erfasst. Intakte Ökosysteme bilden die Grundlage für den Erhalt unseres Wohlstands und unseres Wohlbefindens. Sie tragen zum Erhalt der biologischen Vielfalt bei, sind als Kohlenstoffsenken für den Klimaschutz wichtig, regulieren den Wasserhaushalt und sind Basis für nachhaltige Lebensmittel und Rohstoffe.

Darüber hinaus bieten sie Schutz vor Naturgefahren und Extremereignissen, die durch den Klimawandel immer intensiver und häufiger werden. Nicht zuletzt stellen intakte Lebensräume auch wertvolle Erholungsräume dar, die für kommende Generationen erhalten werden müssen.

Mehr als 80 Prozent in schlechtem Zustand

Die vielfältigen Lebensräume in Europa sind allerdings gefährdet, mehr als 80 Prozent der geschützten Lebensräume befinden sich in schlechtem Zustand. Die EU-Verordnung zur Wiederherstellung degradierter Ökosysteme sieht deshalb vor, dass künftig unsere Wälder gesünder werden, mehr Moore wiedervernässt und Flüsse wo möglich in ihren natürlichen Zustand versetzt werden. Damit sollen gleichzeitig die Leistungen, die eine intakte Natur für die Menschen erbringt, erhalten werden – fruchtbare Böden, Trinkwasserversorgung, Bestäubung, Schutz vor Naturgefahren sowie Freizeit und Erholung. Letztendlich geht es darum, die vom Menschen versursachten Schäden an der Natur zu reparieren und Lebensrundlagen zu bewahren.

Mehr Schutz für Grünflächen, Gewässer und Insekten

Bis 2030 soll kein Nettoverlust der Grünflächen in Siedlungsgebieten stattfinden, danach soll eine Zunahme der städtischen Grünflächen erfolgen. Bezugsgebiet dafür ist das gesamte Bundesgebiet, dies bedeutet Flexibilität im Hinblick auf einzelne Siedlungsgebiete. Alle Maßnahmen werden in enger Zusammenarbeit mit allen nationalen Stakeholdern erarbeitet. Von geschädigten Gewässern sollen bis 2030 EU-weit mindestens 25.000 Flusskilometer in frei fließende Flüsse rückgewandelt werden. Dafür sind jene Barrieren wie Staudämme und Längsverbauungen zu entfernen, die nicht für die Produktion erneuerbarer Energie, für die Binnenschifffahrt, die Wasser-Bereitstellung oder den Hochwasserschutz benötigt werden.

Auch die natürliche Bestäubung durch Insekten soll verbessert werden: Bis 2030 soll der Rückgang der Bestäuber-Insekten aufgehalten werden, um in weiterer Folge eine positive Entwicklung dieser Arten zu erreichen.

Mehr Vielfalt in den Agrarlandschaften und in den Wäldern

Auch die biologische Vielfalt in Agrarlandschaften soll mit gezielten Maßnahmen verbessert werden. Dazu ist ein Aufwärtstrend bei mindestens zwei der folgenden drei Indikatoren zu erreichen: Grünland-Schmetterlingsindex, Menge an organischem Kohlenstoff in Ackerböden, Anteil der landwirtschaftlichen Flächen mit vielfältigen Landschaftselementen.

Ebenso nimmt die biologische Vielfalt in den Wäldern in der neuen Verordnung einen hohen Stellenwert ein. Auf nationaler Ebene ist bis 2030 ein Aufwärtstrend beim Index häufiger Waldvogelarten und bestimmten Indikatoren zu erzielen, wie zum Beispiel den Beständen an organischem Kohlenstoff oder dem Anteil der Wälder mit überwiegend heimischen Baumarten.

Führt diese Verordnung zu einer Bürokratisierung und Überlastung der Landwirtschaft?

Das Gesetz ist ausgewogen und beinhaltet konkrete Unterstützung für die Landwirtschaft – gerade, wenn es um Finanzmittel geht. Die Fördermöglichkeiten sind vielfältig und der zeitliche Rahmen erstreckt sich mit Abstufungen bis 2050. Die Verordnung trägt dazu bei, die Budgets für ökologische Leistungen der Bäuerinnen und Bauern, wie zum Beispiel das ÖPUL oder Maßnahmen für den Waldumbau abzusichern und auszuweiten. Die Zeitpläne des Wiederherstellungsgesetzes wurden in der überarbeiteten Form adaptiert: Der erste Wiederherstellungsplan darf nun primär nur die Ziele und Maßnahmen bis 2030 umfassen. Erst der nächste Plan (2032) soll auch die 2040er und 2050er Ziele umfassen.

Gefährdet das Renaturierungsgesetz die Ernährungssicherheit?

Im Gegenteil: Die Ernährungssicherheit steht bei diesem Gesetz an vorderster Stelle und wird als zentrales Ziel der Verordnung definiert: „Dies ist notwendig, um eine bezahlbare, gesunde und nachhaltige Lebensmittelproduktion zu gewährleisten.“ Ziel ist es, die Lebensmittelproduktion insgesamt zu verbessern, indem fruchtbarerer Boden, bessere Widerstandsfähigkeit gegen extreme Wetterbedingungen, bessere Arbeitsbedingungen und höhere Produktivität geschaffen werden. Zusätzlich wurde die folgende Klausel in das NRL eingebaut: „Bei Gefahr für die Versorgung mit Lebensmitteln, kann die Kommission die Umsetzung von Artikel 11 (zu landwirtschaftlichen Ökosystemen) aussetzen.“

Bringt die Umsetzung wirtschaftliche Nachteile für Österreich?

Die EU-weite Umsetzung hat den Vorteil, dass nicht nur Österreich, sondern auch alle anderen Mitgliedstaaten wirksame Maßnahmen umsetzen. EU-weite Standards verhindern eine Wettbewerbsverzerrung und bewirken, dass die österreichische und europäische Bevölkerung auch von den Maßnahmen der 26 anderen EU-Staaten profitiert. Die anfallenden nKosten für die Renaturierung werden  von vielen positiven wirtschaftlichen Effekten mehr als kompensiert. Laut Wirkungsanalyse der EU-Kommission schaffen Wiederherstellungsprojekte nicht nur Arbeitsplätze vor Ort, sondern bieten auch Entwicklungsperspektiven insbesondere in ländlichen und deindustrialisierten Gemeinden.