Genfer Luftreinhalteabkommen Erfolgreiche Kooperation für saubere Luft (clean air)

Die Luft in ihrer Gesamtheit als ein Subsystem unserer natürlichen Umwelt ist die Voraussetzung allen Lebens auf dem Planeten Erde. Saubere Luft ist – ebenso wie sauberes Wasser – lebensnotwendig, unersetzbar und ein essentielles Umweltmedium, bei dem letztlich die Schutzgüter Mensch und Ökosystem im Fokus stehen.

Luftreinhaltung ist ein bedeutender gesellschaftlicher Auftrag. In den Anfängen der Luftreinhaltepolitik wurde zunächst (fast ausschließlich) der lokale und regionale Aspekt von Luftschadstoffen wahrgenommen. Spätestens mit der festgestellten Versauerung der skandinavischen Gewässer, dem Rückgang der zugehörigen Fischbestände und dem durch den sauren Regen verursachten Waldsterben war jedoch klar: Luftschadstoffe kennen keine nationalen Grenzen.

Als Reaktion auf diese Befunde wurde am 13. November 1979 im Rahmen der → Wirtschaftskommission für Europa (UNECE) das „Übereinkommen über weiträumige, grenzüberschreitende Luftverunreinigung“ – Convention on Long-range Transboundary Air Pollution CLRTAP (→ UNECE) abgeschlossen, das einen Rahmen für politische Verhandlungen zur Bekämpfung der grenzüberschreitenden Luftverschmutzung vorgibt. Die Konvention ist das erste und bislang einzige internationale Instrument in diesem Politikfeld, dem im Zeitalter des “Kalten Kriegs“ Staaten von beiden Seiten des „Eisernen Vorhangs“ beitraten. Die Vertragsparteien erkannten erstmals die schädigenden Auswirkungen von Luftschadstoffen auf die Umwelt an und verpflichteten sich, den Menschen und die Umwelt davor zu schützen, indem sie sich bemühen, die Emissionen von bestimmten Luftschadstoffen zu bekämpfen und ein europaweites Überwachungsnetz (EMEP) einzurichten.

Das Luftreinhalteübereinkommen wird heuer 40 Jahre alt und zählt zurzeit 51 Vertragsstaaten: die meisten aus Europa, Kaukasien und Mittelasien, aber auch die USA und Kanada haben das Abkommen ratifiziert. Auf der Basis des Übereinkommens sind bisher acht Protokolle (ein Finanzierungsprotokoll und sieben Luftreinhalteprotokolle) verabschiedet worden. Unter anderem wurden eigene Protokolle zur Begrenzung von Schwefel (1985 und 1994), Stickoxiden (1988), flüchtigen organischen Verbindungen (1991), Schwermetallen (1998 sowie 2012) und langlebigen organischen Schadstoffen (1998 sowie 2009) beschlossen.

Luftschadstoffe

Mit dem jüngsten Protokoll gingen die Vertragsparteien der Konvention vom schadstoffbasierten Protokollansatz ab und erarbeiteten ein „Multikomponenten-Protokoll“, das sogenannte Göteborg-Protokoll zur Verringerung von Versauerung, Eutrophierung und bodennahem Ozon (1999 und 2012). Es verfolgt einen problemübergreifenden Ansatz und hat die Reduktion von gleich fünf wichtigen Luftschadstoffen zum Ziel: Schwefeldioxid (SO2), Stickstoffoxide (NOx), Ammoniak (NH3), flüchtige organische Verbindungen (NMVOC) sowie dem besonders gesundheitsrelevanten Feinstaub (PM2,5). Feinstaub PM2,5 beziehungsweise dessen Vorläufersubstanzen (SO2, NOx und NH3) reduzieren die Lebenserwartung und führen zu einem erhöhten Krankheitsrisiko insbesondere des Herz-Kreislaufsystems und der Atemorgane.

Veränderung zum Positiven

Die Geschichte des Genfer Luftreinhalteübereinkommens ist zweifelsohne eine Erfolgsgeschichte: Die Entwicklung der Luftschadstoffemissionen und des Wirtschaftswachstums wurden weitgehend entkoppelt, die Emissionen der wichtigsten Luftschadstoffe um 40 bis 80 Prozent reduziert, Wälder, Böden und Seen erholten sich nachweislich von der Versauerung und 600.000 vorzeitige (statistisch berechnete) Todesfälle werden pro Jahr in der UNECE vermieden.

Österreich war und ist in der Luftreinhaltekonvention äußerst aktiv: Zahlreiche Expertinnen und Experten unter anderem des Umweltbundesamtes sind in diversen wissenschaftlichen Arbeitsgruppen aktiv und gestalten diese wesentlich mit. Im Reichraminger-Hintergebirge, am Standort Zöbelboden, läuft im Rahmen des → Integrated Monitoring Programme (→ UNECE) der Konvention seit 27 Jahren ein umfassendes Ökosystemmonitoring. Erwähnenswert ist auch das → Centre on Emission Inventories and Projections (CEIP), das in Wien beim Umweltbundesamt angesiedelt ist und die emissionsbezogenen Arbeiten des European Monitoring and Evaluation Programme (→ CEIP) koordiniert. Hauptverantwortlich betreut werden die umweltpolitischen Agenden der Luftreinhaltekonvention in Österreich im Bundesministerium.

Das Übereinkommen über weiträumige grenzüberschreitende Luftverunreinigung (CLRTAP) ist 40, hat aber noch einiges vor. Die künftige Ausrichtung der Konvention wurde vom Exekutivorgan letztens Jahr im Dezember im Rahmen der Langzeitstrategie (→ UNECE) mit einem Zeithorizont bis 2030 und darüber hinaus verabschiedet. Vor allem in den osteuropäischen Ländern sowie den zentralkaukasischen und mittelasiatischen Staaten (sogenannte EECCA-Staaten) ist das Reduktionspotential bei den meisten schädlichen Luftschadstoffemissionen noch besonders hoch. Ein weiteres Betätigungsfeld liegt in der verstärkten internationalen Zusammenarbeit mit anderen Konventionen, dem → Umweltprogramm der Vereinten Nationen (UNEP), weiteren Regional-Kommissionen der UN sowie Internationalen Organisationen.