40 Jahre „Nein“ zu Zwentendorf
Im Jahr 2018 feierten wir mit dem 40-jährigen Jubiläum der Volksabstimmung am 5. November 1978 über das Atomkraftwerk Zwentendorf ein Stück österreichische Zeitgeschichte. Es ist das einzige Atomkraftwerk der Welt, das komplett fertiggebaut wurde aber nie in Betrieb ging. Das „Nein“ zu Zwentendorf war auch ein wichtiges erstes lautes Lebenszeichen der entstehenden Umweltbewegung in Österreich.
Am 5. November 1978 fand in Österreich die Volksabstimmung über die Inbetriebnahme des Atomkraftwerks Zwentendorf statt. 1,606.308 Menschen, das waren 50,47 Prozent der abgegebenen Stimmen, sprachen sich gegen eine Inbetriebnahme aus (1,576.839 Menschen stimmten für die Inbetriebnahme). In der Zeit zwischen 1972 (der Spatenstich für das Kernkraftwerk (KKW) erfolgte im April 1972) und der Volksabstimmung im Jahr 1978 formierte sich – erstmals in Österreich – eine breite zivilgesellschaftliche Bewegung gegen das Atomkraftwerk. Historisch betrachtet können diese Ereignisse als Grundstein und Ausgangspunkt für die inzwischen in der Bevölkerung fest verankerte Anti-Atom-Haltung Österreichs gesehen werden.
Bereits wenige Monate später, im März 1979 ereignete sich ein „ernster Unfall“ (INES-5) im KKW Three Mile Island in den Vereinigten Staaten. Dieser Vorfall bestätigte ihr Abstimmungsverhalten für viele Bürgerinnen und Bürger nachträglich. Die stille Liquidierung des Atomkraftwerks Zwentendorf erfolgte jedoch erst 1985. Weitere Ereignisse in den Folgejahren wie die Katastrophe im KKW Tschernobyl (1986) und die als Bedrohung wahrgenommenen KKW in der unmittelbaren Nachbarschaft Österreichs haben zu einer hohen Bedeutung des Themas für die österreichische Bevölkerung beigetragen. Der gesellschaftliche und parteipolitische Konsens wurde schließlich im Jahr 1999 durch den einstimmigen Beschluss des Nationalrates, das Atomsperrgesetz als Bundesverfassungsgesetz für ein atomfreies Österreich in den Verfassungsrang zu heben, dokumentiert.
Seit 2005 befindet sich das Atomkraftwerk Zwentendorf im alleinigen Besitz der EVN (Energieversorgung Niederösterreich). Heute ist das Atomkraftwerk Zwentendorf eine Besucherattraktion mit rund 15.000 Besucherinnen und Besuchern pro Jahr. Im Kraftwerks-Areal an der Donau sind zahlreiche geschützte Tier- und Pflanzenarten heimisch. Die Kraftwerks- und Turbinenhallen werden von Technikerinnen und Technikern als Trainingszentrum genutzt. Und das Kraftwerk liefert nun doch Strom – 100 Prozent ökologischen Strom aus Sonnenkraft. Außerdem wird das Atomkraftwerk mit seinen rund 1.000 Räumen und seiner technischen Ausstattung als Trainingszentrum für Atomkraftwerksmitarbeiter und -mitarbeiterinnen genutzt. In Zwentendorf sind Bereiche zugänglich, die sonst für Menschen aufgrund der hohen Radioaktivität nur mit besonderen Sicherheitsvorkehrungen begehbar sind. Außerdem finden im Kraftwerk Konzerte statt und es wurden dort auch schon Filme gedreht (Fernsehfilm „Restrisiko“, französisch-österreichischer Kinofilm „RZ2 – Grand Central“).