Endlagerung radioaktiver Abfälle und abgebrannter Brennelemente

Eine Euratom-Richtlinie verpflichtet alle Mitgliedsstaaten der Europäischen Union, nationale Entsorgungsprogramme zu erstellen. Diese sind auch einer strategischen Umweltprüfung zu unterziehen.

Österreich hat auch auf europäischer Ebene wiederholt deutlich gemacht, dass die ungelöste Entsorgungsproblematik der energetischen Nutzung der Kernenergie entgegensteht. Bereits vorhandene Mengen an abgebrannten Brennelementen und radioaktiven Abfällen müssen aber in jedem Falle dem Stand von Wissenschaft und Technik entsprechend gelagert, behandelt und letztlich entsorgt werden.

Auf europäischer Ebene schafft die Richtlinie 2011/70/Euratom des Rates über einen Gemeinschaftsrahmen für die verantwortungsvolle und sichere Entsorgung abgebrannter Brennelemente und radioaktiver Abfälle erstmals einen europarechtlichen Rahmen. Die Richtlinie definiert Mindeststandards und verpflichtet alle Mitgliedstaaten der Europäischen Union (EU) ein nationales Programm zur Umsetzung der Politik für die Entsorgung abgebrannter Brennelemente und radioaktiver Abfälle zu erstellen.

Radioaktive Abfälle werden grundsätzlich in lang-, beziehungsweise kurzlebige und in schwach-, mittel- und hochaktive Abfälle unterteilt. Dazu kommen noch abgebrannte Brennelemente, wenn eine direkte Endlagerung – keine Wiederaufarbeitung – vorgesehen ist. Für letztere sowie für hochaktive und langlebige mittelaktive Abfälle wird derzeit in der Regel ein geologisches Tiefenlager als "Stand der Technik" angesehen, auch wenn dies – unter anderem wegen der Anforderung eines sicheren Einschlusses für mehrere hunderttausend Jahre - in der Fachwelt nicht unumstritten ist. Bei Tiefenlagern ist auch noch zwischen rückholbarer – das Lager bleibt zugänglich und muss daher überwacht werden – und nicht rückholbarer – das Lager wird nach einer unter Umständen langen Beobachtungsphase verschlossen – Lagerung zu unterscheiden. Schwach- und mittelaktive Abfälle werden häufig auch in oberflächennahe Endlager verbracht. Tatsache ist, dass bis heute weltweit kein einziges Endlager für abgebrannte Brennelemente und hochaktive Abfälle in Betrieb ist.

Potentielle Risken hängen von der Art und technischen Ausführung des Lagers, aber auch von den meteorologischen, geologischen und hydrologischen (Oberflächen- und Tiefenwässer) Gegebenheiten ab.

Schweiz

Nach Ablehnung eines nach rein technischen Kriterien ausgewählten Standortes für ein geologisches Tiefenlager durch die Bevölkerung läuft in der Schweiz ein mehrstufiges und langjähriges Standortauswahlverfahren unter Einbindung internationaler Expertinnen, Experten, von Gebietskörperschaften, Bevölkerung und Nachbarstaaten. Die Standortsuche ist im "Sachplan geologische Tiefenlager" geregelt. Sie erfolgt in drei Etappen, in denen die Auswahl der Standortgebiete schrittweise eingeengt wird. Am Schluss jeder Etappe entscheidet der Bundesrat über das weitere Vorgehen. Das geologische Tiefenlager für schwach- und mittelaktive Abfälle soll 2050 in Betrieb genommen werden. Das geologische Tiefenlager für hochaktive Abfälle soll 2060 in Betrieb genommen werden. Weitere Informationen bietet die Website des Umweltbundesamtes.

Umweltbundesamt: Geologisches Tiefenlager Schweiz

Deutschland

Auch in Deutschland ist die Frage der Endlagerung hochradioaktiver Abfälle beziehungsweise abgebrannter Brennelemente noch ungeklärt. Nach mehreren Anläufen in der Vergangenheit legt nun das Standortauswahlgesetz (StandAG) von 2013 die einzelnen Verfahrensschritte für eine ergebnisoffene, wissenschaftsbasierte und transparente Standortsuche sowie für die Auswahl eines Standortes fest. In § 22 definiert das StandAG auch klare Ausschlusskriterien. Der "Zwischenbericht Teilgebiete" der Bundesgesellschaft für Endlagerung (BGE) soll noch 2020 vorgelegt werden, könnte sich aber COVID-19 bedingt verzögern. Dieser "Zwischenbericht Teilgebiete" soll Regionen ausweisen, die im Laufe der Standortsuche näher auf ihre Endlagertauglichkeit hin untersucht werden sollen. Österreich wird, wie schon bisher, die Standortsuche bei den Treffen von Expertinnen und Experten im Rahmen des bilateralen "Nuklearinformationsabkommens" weiterhin zum Thema machen.

Tschechische Republik

Die Tschechische Republik bemüht sich seit Jahren, einen geeigneten Standort für ein Endlager für hochaktive radioaktive Abfälle zu finden. Die Problematik war und ist folglich regelmäßig Gegenstand bilateraler Kontakte. Das tschechische Entsorgungskonzept aus dem Jahr 2002, revidiert 2017, sieht eine langfristige Zwischenlagerung abgebrannter Brennelemente mit anschließender Verbringung in ein geologisches Tiefenlager vor. Andere Optionen werden jedoch explizit offengehalten. Mit der Errichtung soll um 2050, mit der Einlagerung um 2065 begonnen werden. Nach mehrfacher Verzögerung hat die Tschechische Regierung im Dezember 2020 die Reduktion von ursprünglich neun auf vier potenzielle Standorte, nämlich Horka, Březový potok, Hrádek sowie den KKW Standort Temelín (Janoch), beschlossen. Keiner dieser vier potenziellen Standorte liegt in unmittelbarer Grenznähe. An diesen vier Standorten sollen vertiefte Untersuchungen und Probebohrungen erfolgen. Die Entscheidung für einen konkreten Standort wird nicht vor 2025 getroffen werden. Dafür wird ein Umweltverträglichkeitsprüfungs- (UVP-) Verfahren durchzuführen sein.

Ein Endlager in Grenznähe ist für Österreich nicht vorstellbar und kann nicht akzeptiert werden. Diese Position hat Österreich mehrmals mit Nachdruck zum Ausdruck gebracht, zuletzt im Rahmen des Strategischen Prüfungs- (SUP-) Verfahrens zur Revision des tschechischen Entsorgungskonzeptes.

Österreich hat die tschechische Seite auch aufgefordert, bilateral geeignete Verfahren für eine angemessene Einbindung Österreichs in das Standortauswahlverfahren – noch vor der UVP für einen konkreten Standort – sicherzustellen. Österreich ist bemüht, eine vom tschechischen Premierminister in Aussicht gestellte vertiefte Kooperation zu konkretisieren.

Umweltbundesamt: SUP-Verfahren