Vorausschauende Wettbewerbspolitik leistet wichtigen Beitrag zur Inflationsbekämpfung

Eine neue Studie des Wirtschaftsforschungsinstituts (WIFO) zu Wettbewerb, Regulierung und Inflation kommt zu dem Schluss, dass vorausschauende Wettbewerbspolitik einen wichtigen Beitrag zur Inflationsbekämpfung leisten kann. In der vom Klimaschutzministerium beauftragten Studie werden etwa ein gezieltes Wettbewerbsmonitoring, eine nachgeschärfte Fusionskontrolle und wohl überlegte strukturelle Abhilfemaßnahmen der Behörden bei Störung des Wettbewerbs vorgeschlagen.

In der Studie wird betont, dass in wichtigen Sektoren der österreichischen Wirtschaft nach wie vor eine hohe Marktkonzentration festzustellen ist. Das gilt beispielsweise für den Lebensmitteleinzelhandel oder für den österreichischen Energiemarkt. Überall dort, wo bloß wenige Unternehmen mit bedeutenden Marktanteilen aufeinandertreffen, sieht das WIFO eine erhöhte Gefahr für Preisabsprachen. Mit einer umsichtigen Wettbewerbspolitik sowie einer intensiven proaktiven Überwachung der betroffenen Märkte durch die Wettbewerbsbehörden kann dieser Marktkonzentration begegnet und ein Beitrag für einen funktionierenden Wettbewerb mit niedrigeren Preisen geleistet werden.

„Wettbewerb und funktionierende Märkte sind eine wichtige Basis für niedrige Preise. Das gilt ganz besonders für die Energieversorgung. Die letzten Jahre haben gezeigt: Auch die Politik muss hier ein wachsames Auge haben und eingreifen, wenn notwendig. Die Studie des Wirtschaftsforschungsinstituts ist hier eine gute Grundlage für künftige Diskussionen“, betont Klimaschutzministerin Leonore Gewessler.
„Von Unternehmen der Daseinsvorsorge im öffentlichen Eigentum wird mehr als die reine Profitorientierung erwartet. Diese berechtigte Erwartungshaltung steht mitunter aber im Widerspruch zum Gesellschaftsrecht. Wettbewerbsrechtliche Interventionen greifen hier zu kurz. Dieser Zielkonflikt bedarf einer seitens der Politik angestoßenen nachhaltigen Auflösung“, führt Dr. Michael Böheim vom Wirtschaftsforschungsinstitut aus.

Vor dem Hintergrund der aktuellen Preisentwicklungen schlägt das WIFO Reformoptionen für das österreichische Wettbewerbsrecht vor, die sich auch an internationalen Beispielen orientieren:

  • Gezieltes Wettbewerbsmonitoring, um problematische Sektoren auch langfristig zu identifizieren. Hierbei könnte die Befugnis zum Wettbewerbsmonitoring der Bundeswettbewerbsbehörde (BWB) in eine Verpflichtung umgewandelt werden. Zudem nennt die Studie eine „umfassende Datengrundlage als unabdingbare Voraussetzung“ für ein aussagekräftiges Monitoring. Durch die Novelle des Wettbewerbsgesetzes im Dezember 2023 hat die Bundesregierung diesen Schritt bereits umgesetzt.
  • Zielgenaue und verschärfte Fusionskontrolle, um einer weiteren wettbewerbsschädlichen Marktkonzentration entgegenzuwirken. Als Beispiel nennt das WIFO etwa die Möglichkeit einer Streichung der ausufernden industriepolitischen Rechtfertigungsgründe sowie die Möglichkeit einer Anordnung der Anmeldung von Fusionen unterhalb der Schwellenwerte mittels Verordnung. Ein vom BMJ ausgearbeiteter Verordnungsentwurf befindet sich aktuell in politischer Koordinierung.
  • Verschärfte Missbrauchsaufsicht könnte durch eine gesetzlich verankerte Beweislastumkehr ermöglicht werden.
  • Strukturelle Abhilfemaßnahmen: Bei Feststellung einer Wettbewerbsstörung können die Wettbewerbsbehörden weitergehende Maßnahmen – bis hin zur Entflechtung von Unternehmen – anordnen. Aktuelle behördliche Befugnisse reichen oft nicht aus, um festgestellte Störungen des Wettbewerbs wirksam und dauerhaft zu beseitigen. Diese Möglichkeiten wurden in Deutschland unlängst geschaffen. Nach einer Evaluierung der deutschen Erfahrungen könnte auch über eine Einführung in Österreich nachgedacht werden.

Wettbewerbsintensivierende Eingriffsmöglichkeiten des Staates ergeben sich laut WIFO darüber hinaus auch dort, wo über öffentliches Eigentum eine entsprechende Beeinflussung unternehmerischer Entscheidungen zum Wohle der Allgemeinheit möglich ist. Das gelte besonders für die (teil)verstaatlichte Energiewirtschaft, deren die Konsument:innen benachteiligende Preisgestaltung zum Ausgangspunkt der Inflationsbeschleunigung wurde. Hier sieht das WIFO Nachholbedarf in der Priorisierung der Daseinsvorsorge gegenüber der Gewinnmaximierung.

Tipp

Die vollständige Studie finden Sie unter → wifo.ac.at.