Potenziale für eine effiziente Wärme- und Kälteversorgung in Österreich

Hocheffiziente Kraft-Wärme-Kopplungen (KWK) und effiziente Fernwärme- sowie Fernkälteversorgung bergen ein erhebliches Potenzial für die Einsparung von Primärenergie. Dazu wurde eine umfassende Bewertung des Potenzials für hocheffiziente KWK und effiziente Fernwärme- sowie Fernkälteversorgung vorgenommen. Diese Bewertung zeigt Potenziale auf, die zu einem effizienten Wärme- und Kältesektor basierend auf erneuerbaren Energien und Abwärme führen.

Aufgrund der Europäischen Energie-Effizienz-Richtlinie 2023/1791/EU (kurz: EED III) müssen alle Mitgliedsstaaten eine "umfassende Bewertung des Potentials für effiziente Wärme und Kälte (PDF, 3 MB)" im jeweiligen Land erarbeiten und im Rahmen des integrierten nationalen Energie- und Klimaplans an die Europäische Kommission zu übermitteln. Nach den Übergangsbestimmungen waren inhaltlich und methodisch die Anforderungen der Vorläuferrichtlinie relevant. Die Durchführungspflicht an die Europäische Kommission umfasst unter anderem die regionalisierte Darstellung des Wärmebedarfs sowie die Abschätzung von ökonomischen Potenzialen im Zeitraum bis zum Jahr 2030 sowie 2050. Dieses Karten-Material sowie Hintergrunddaten zur Bewertung werden auf der  Austrian Heatmap bereitgestellt.

Die ökonomischen Potenziale für verschiedene Varianten der effizienten Wärme- und Kälteversorgung sind stark von den zukünftigen Rahmenbedingungen abhängig wie Energiepreise, CO2-Preise, der Frage ob externe Kosten berücksichtigt werden oder erzielbare Anschlussraten der Fernwärme. Um dieser Tatsache gerecht zu werden, wurden eine große Anzahl an Szenarien gerechnet. Für diese Varianten wurden mögliche Fernwärmeregionen auch geographisch explizit ausgewiesen.

Fernwärme- sowie Fernkälteversorgung

Die Grundannahme der Bewertung ist, dass das Ziel der (Netto-) Klima-Neutralität in Österreich – gemäß Regierungsprogramm 2040 erreicht wird, was auch in Einklang mit der europäischen Zielsetzung für 2050 ist. Das bedeutet, dass fossile Energieträger bei der Ermittlung des ökonomischen Potenzials für 2030 noch eine Rolle spielen, für 2050 allerdings nicht mehr. Für 2050 wird daher unter anderem davon ausgegangen, dass der etwaige Bedarf nach Gas erneuerbar bereitgestellt wird.

Unter diesen Voraussetzungen ergeben sich folgende Kernaussagen:

  • Die Dekarbonisierung der Wärme- und Kälteversorgung in Österreich ist möglich, allerdings nur unter einigen wesentlichen Annahmen und Rahmenbedingungen, wie umfangreicher Anstrengungen zur Gebäudesanierung, gleichzeitiger Dekarbonisierung der Stromaufbringung sowie der erfolgreichen Integration industrieller Abwärme bei gleichzeitiger Dekarbonisierung der Industrie.
  • Der Anteil der wirtschaftlich über Fernwärme bereitstellbaren Wärme ist vor allem von der in den Fernwärmeregionen erzielbaren Anschlussrate abhängig, die wiederum in starkem Zusammenhang mit energieraumplanerischen Rahmenbedingungen steht. Je nach erzielbarer Anschlussrate wird ein ökonomisches Potenzial der Fernwärme von knapp 20 Prozent bis etwa 45 Prozent des Wärmebedarfs für das Jahr 2050 errechnet.
  • Die zukünftige Preis-Entwicklung erneuerbarer Energieträger hat einen starken Einfluss auf die wirtschaftlichen Potenziale zur Bereitstellung von Wärme aus Fernwärmesystemen. Dabei zeigt sich, dass die Kosten der Bereitstellung aus Fernwärme deutlich weniger sensitiv auf mögliche Preisentwicklungen reagieren, als dies für die Kosten der objektbezogenen Versorgung der Fall ist.

Zum Technologiemix der Fernwärme-Bereitstellung ergeben sich folgende Aussagen:

  • Unter den in dieser Bewertung getroffenen Annahmen erweist sich erneuerbares Gas nicht als kostengünstige Option zur Dekarbonisierung der Fernwärme.
  • Biomasse stellt weiterhin einen wesentlichen Anteil an der Aufbringung erneuerbarer Wärme dar, sowohl dezentral als auch in der Fernwärme. Es zeigt sich dabei, dass in den Szenarien mit geringer Effizienzsteigerung der Druck auf die Ressourcen-Nutzung der Biomasse stark steigen würde. In diesem Sinne besteht eine durchaus beträchtliche Unsicherheit hinsichtlich des zu erwartenden Biomasse-Preises.
  • Es zeigt sich, dass Wärmepumpen nicht nur in dezentralen Anwendungen, sondern auch in der Fernwärmeaufbringung eine wesentliche Rolle spielen.
  • Tiefengeothermie stellt eine robuste Option zur erneuerbaren Versorgung von Fernwärmenetzen dar, sofern die spezifischen Standortbedingungen dies erlauben. Es gilt, insbesondere auch neue Technologieentwicklungen weiter zu verfolgen, die einen breiteren Einsatz der Tiefengeothermie ermöglichen könnten. Die sich daraus möglicherweise ergebenden Potenziale wurden nicht vollumfänglich berücksichtigt.
  • Welche Rolle thermische Kraftwerke und Kraft-Wärme-Kopplungen (KWK) in einem zukünftigen erneuerbaren Stromsystem spielen, war nicht im Fokus dieser Bewertung. Im Sinne einer hohen Brennstoffausnutzung ist bei bestehenden thermischen Kraftwerken eine Wärmeauskopplung unbedingt anzustreben. Bis 2050 ergibt sich allerdings aus den Analysen, dass der Einsatz von Gas-KWK nur mit relativ geringen Volllaststunden erfolgen wird.
  • Große Solarthermieanlagen können eine ökonomisch sinnvolle Option darstellen, wobei eine starke Abhängigkeit einerseits vom gesamten Gefüge des Erzeugungsportfolios besteht, und andererseits von den erzielbaren Kostenreduktionen – diese skalieren wiederum stark mit der Größe der Anlagen. Auch bestehen hinsichtlich der Grundstückkosten substanzielle standortspezifische Unterschiede.
  • Es zeigt sich, dass der Einsatz von großen thermischen Speichern deutlich zu einem ökonomischen Betrieb der Wärmenetze beiträgt. Gleichzeitig bestehen hinsichtlich der damit verbundenen Kosten signifikante Unsicherheiten, die nicht zuletzt vom genauen Standort abhängig sind.