Band 88: Arbeitsplatz Cockpit VSF-Forschungsarbeit
LKW-Lenkende sind einer Vielzahl von Belastungen ausgesetzt. Diese Belastungen werden meist generell für die LKW-Branche identifiziert und wissenschaftlich behandelt. Dabei bleiben die unterschiedlichen Logistik-Angebote undifferenziert. Im Projekt „Arbeitsplatz Cockpit“ sollen die Herausforderungen für einzelne Logistik-Angebote identifiziert werden.
Die Unfallstatistik in den Erhebungsjahren 2017 bis 2021 zeigt einen geringen Anteil an Verkehrsunfällen mit LKW-Beteiligung (3,9 %). Den Hauptunfallgegner stellt der PKW dar. Die häufigste Hauptunfallursache gemäß der behördlichen Unfallaufnahme durch die Exekutive ist Unachtsamkeit/Ablenkung, gefolgt von Vorrangverletzungen (inklusive Rotlichtmissachtungen). Eine Unterscheidung nach verschiedenen LKW-Nutzungsbereichen kann auf Basis der Daten der Unfallstatistik nicht getroffen werden, da derartige branchenbezogene Daten in der Unfalldatenbank nicht vorliegen.
Auch in der Literatur wird das Hauptaugenmerk auf den gesamten LKW-Verkehr gelegt; eine Differenzierung erfolgt nur selten. Ebenso konnten keine Hinweise auf differenzierte Problemlagen in den Pressemeldungen der Austria Presse Agentur gefunden werden.
Da bei den bisherigen Recherchen keine spezielle Unterteilung der LKW-Lenkenden gefunden werden konnte, wurden für das Projekt verschiedene Klassifizierungen erstellt und verglichen. Für die Differenzierung der Problemlagen der LKW-Lenkenden in Bezug auf Verkehrssicherheit wurde die Aufteilung nach Logistik-Angeboten als die sinnvollste erachtet. Somit wurden im weiteren Verlauf die Bereiche Baustellenlogistik, Entsorgungslogistik, Service- und Dienstleistungsverkehr sowie Handelslogistik und Spedition (inklusive KEP (Kurier-, Express- und Paketdienstleistungen)) zusammengefasst.
Im Zuge von Tiefeninterviews mit 20 LKW-Lenkenden konnten im ersten Schritt Probleme im Arbeitsalltag genauer identifiziert werden. In einem weiteren Schritt wurden die genannten Thematiken durch Fokusgruppen mit LKW-Lenkenden eingehender beleuchtet und ergänzt. Eine weitere Fokusgruppe mit Stakeholder:innen brachte die Sichtweise aus dem Umfeld der LKW-Lenkenden ein. Zum Schluss wurden mit Verkehrssicherheitspersonen und Stakeholder:innen die Maßnahmenableitungen thematisiert und letztendlich priorisiert.
Ziel des Projektes war eine umfassende Analyse der Belastungsfaktoren von LKW-Lenkenden in den verschiedenen Bereichen. Durch den Einsatz vielfältiger Methoden wurde ein aufschlussreiches Bild gewonnen.
Zusammenfassend kann gesagt werden, dass die Unterschiede im Vergleich zu den gemeinsamen Problemlagen der LKW-Lenkenden in Bezug auf die Verkehrssicherheit verschwindend gering sind. Einzig bezüglich des Parkplatzmangels geben die Befragten an, dass dieses Problem nicht alle Bereiche gleichermaßen betreffen würde. Als Hauptprobleme konnten der Stadtverkehr (hohes Verkehrsaufkommen, Aggressivität anderer Verkehrsteilnehmender, geringes Platzangebot, psychischer Druck), die oft schwierige Einhaltung der Lenk- und Ruhezeiten und das meist niedrige Gehalt LKW-Lenkender identifiziert werden. Als Problem, das wie oben erwähnt von sämtlichen befragten Personen genannt wurde, jedoch nicht alle Lenkenden gleichermaßen betrifft, wurde das Fehlen ausreichender Parkmöglichkeiten zur Einhaltung der Ruhezeiten gesehen. Als die Maßnahmen, die den größten Einfluss auf die Erhöhung der Verkehrssicherheit haben und deren Umsetzbarkeit teils vergleichsweise einfach ist, sollten regelmäßige betriebsseitige Schulungen für Lenkende sowie die Weiterentwicklung von Fahrerassistenzsystemen auf jeden Fall weiterverfolgt und umgesetzt werden.