Einwegkunststoffrichtlinie Umsetzung in Österreich
Inhaltsverzeichnis
Die Richtlinie (EU) 2019/904 (→ EUR-Lex) (Einwegkunststoffrichtlinie, auch bezeichnet als Single Use Plastics Directive, SUP-D oder SUP-Richtlinie) trat am 2. Juli 2019 in Kraft und wurde im Abfallwirtschaftsgesetz 2002 und in der Verpackungsverordnung 2014 in österreichisches Recht umgesetzt.
Ziel dieser Richtlinie ist es, die Auswirkungen bestimmter Kunststoffprodukte auf die Umwelt, insbesondere die Meeresumwelt, und die menschliche Gesundheit zu vermeiden und zu vermindern und den Übergang zu einer Kreislaufwirtschaft mit innovativen und nachhaltigen Geschäftsmodellen, Artikeln und Werkstoffen zu fördern, um auf diese Weise auch zum reibungslosen Funktionieren des Binnenmarkts beizutragen.
Dies soll durch Maßnahmen zur Verbrauchsminderung, Beschränkungen des Inverkehrbringens, Produktanforderungen, Kennzeichnungsvorschriften, erweiterte Herstellerverantwortung, getrennte Sammlung und Sensibilisierungsmaßnahmen erreicht werden.
Die Richtlinie gilt für die in deren Anhang angeführten Einwegkunststoffartikel, für Artikel aus oxo-abbaubarem Kunststoff sowie für Fanggeräte, die Kunststoff enthalten (Fischerei, Aquakultur).
Es gibt keine Mindestschwelle für den Kunststoffanteil. So unterliegen beispielswiese auch Getränkebecher aus Papier mit innerer und/oder äußerer Kunststoffbeschichtung dem Geltungsbereich der Richtlinie.
Hinweis
Nicht unter den Begriff des „Einwegkunststoffartikels“ fällt ein Artikel, der konzipiert, entwickelt und in Verkehr gebracht wird, um während seiner Lebensdauer mehrere Produktkreisläufe zu durchlaufen, indem er zur Wiederbefüllung oder Wiederverwendung zum ursprünglichen Verwendungszweck an einen Hersteller zurückgegeben wird.
Die Europäische Kommission hat Leitlinien zur Auslegung der Einwegkunststoffrichtlinie veröffentlicht, die darlegen, welche Artikel als Einwegkunststoffartikel im Sinne der Richtlinie anzusehen sind (Bekanntmachung der Kommission, 52021XC0607(03), → EUR-Lex).
Einige der vorgesehenen Maßnahmen betreffen nur bestimmte Einwegkunststoffartikel, zum Beispiel gelten die Maßnahmen zur Verbrauchsminderung nur für Getränkebecher und Lebensmittelverpackungen.
Verbrauchsminderung
Gemäß § 9 Z 17 AWG 2002 sind Maßnahmen zu ergreifen, um eine deutliche Trendumkehr beim steigenden Verbrauch an Einweg-Kunststoff-Getränkebechern und –Lebensmittelverpackungen zu bewirken. Bis zum Jahr 2026 soll gegenüber dem Jahr 2022 eine messbare quantitative Verminderung des Verbrauchs dieser Produkte herbeigeführt werden. Konkrete Maßnahmen können dem Bericht gemäß Artikel 4 der EU-Richtlinie über die Verringerung der Auswirkungen bestimmter Kunststoffprodukte auf die Umwelt entnommen werden.
Beschränkungen des Inverkehrbringens
Gemäß § 13o AWG 2002 ist das Inverkehrsetzen sämtlicher Produkte aus oxo-abbaubaren Kunststoffen verboten (z. B. landwirtschaftliche Mulchfolien). Das sind Kunststoffe, die Additive enthalten, die durch Oxidation einen Zerfall des Kunststoffs in Mikropartikel oder einen chemischen Abbau herbeiführen.
Darüber hinaus ist gemäß § 13n AWG 2002 das Inverkehrsetzen folgender Einwegkunststoffprodukte verboten:
- Wattestäbchen (ausgenommen Medizinprodukte),
- Besteck (Gabeln, Messer, Löffel, Essstäbchen),
- Teller,
- Trinkhalme (ausgenommen Medizinprodukte)
- Rührstäbchen,
- Luftballonstäbe, die zur Stabilisierung an den Ballons (ausgenommen Ballons für industrielle oder sonstige gewerbliche Verwendungszwecke und Anwendungen, die nicht an Verbraucher abgegeben werden) befestigt werden, einschließlich der Halterungsmechanismen,
- Lebensmittelverpackungen aus expandiertem Polystyrol, d. h. Behältnisse wie Boxen (mit oder ohne Deckel) für Lebensmittel, die
- dazu bestimmt sind, unmittelbar vor Ort verzehrt oder als Take-away-Gericht mitgenommen zu werden,
- in der Regel aus der Verpackung heraus verzehrt werden und
- ohne weitere Zubereitung wie Kochen, Sieden oder Erhitzen verzehrt werden können,
- Getränkebehälter aus expandiertem Polystyrol (einschließlich ihrer Verschlüsse und Deckel),
- Getränkebecher aus expandiertem Polystyrol (einschließlich ihrer Verschlüsse und Deckel).
Das Verbot gilt für Produkte, die erstmals entgeltlich oder unentgeltlich zum Vertrieb, zum Verbrauch oder zur Verwendung auf dem österreichischen Markt im Rahmen einer Geschäftstätigkeit abgegeben (d. h. in Verkehr gesetzt) werden.
Produktanforderungen
Ab dem 3. Juli 2024 dürfen Einwegkunststoff-Getränkebehälter mit einem Fassungsvermögen von bis zu drei Litern nur in Verkehr gesetzt werden, wenn deren Verschlüsse und Deckel aus Kunststoff während der für das Produkt vorgesehenen Verwendungsdauer an den Behältern befestigt bleiben (§ 4 Absatz 6 Verpackungsverordnung 2014).
Ab 2025 haben Hersteller und Importeure sicherzustellen, dass sämtliche von ihnen in Österreich in Verkehr gesetzte PET-Flaschen (mit einem Fassungsvermögen von bis zu drei Litern) im Durchschnitt zu mindestens 25 % aus recyceltem Kunststoff bestehen (§ 4 Absatz 7 Verpackungsverordnung 2014).
Hersteller und Importeure haben in weiterer Folge sicherzustellen, dass sämtliche von ihnen in Österreich in Verkehr gesetzte Einwegkunststoff-Getränkeflaschen (mit einem Fassungsvermögen von bis zu drei Litern) ab 2030 im Durchschnitt zu mindestens 30 % aus recyceltem Kunststoff bestehen (§ 4 Absatz 8 Verpackungsverordnung 2014).
Kennzeichnungspflicht
Getränkebecher, Tabakprodukte, Feuchttücher und Damenhygieneprodukte dürfen gemäß § 13p AWG 2002 nur mit einer Kennzeichnung in Verkehr gesetzt werden.
Die Kennzeichnung ist EU-weit einheitlich in der Durchführungsverordnung (EU) 2020/2151 der Kommission (→ EUR-Lex) geregelt. Sie dient dazu, die Verbraucher über das Vorhandensein von Kunststoff in dem Produkt, über die zu vermeidenden Entsorgungsarten für das Produkt und über die daraus folgenden negativen Auswirkungen der Vermüllung oder einer anderen unsachgemäßen Entsorgung des Produkts auf die Umwelt zu informieren.
Von der Kennzeichnungspflicht betroffen sind Produkte, die erstmals entgeltlich oder unentgeltlich zum Vertrieb, zum Verbrauch oder zur Verwendung auf dem österreichischen Markt im Rahmen einer Geschäftstätigkeit abgegeben (d. h. in Verkehr gesetzt) werden.
Tipp
Die Vektorgrafiken für die Kennzeichnungen können auf der Website der Europäischen Kommission abgerufen werden.
Erweiterte Herstellerverantwortung
Hersteller von Feuchttüchern, Luftballons, Tabakprodukten und Fanggeräten sind gemäß § 18a Verpackungsverordnung 2014 verpflichtet, für die von ihnen ab dem 1. Jänner 2023 in Verkehr gesetzten Produkte bestimmte Kosten zu tragen und dafür an einem Sammel- und Verwertungssystem teilzunehmen.
Dazu zählen Kosten von Reinigungsaktionen von Abfällen dieser Produkte und der anschließenden Beförderung und Behandlung, Kosten der Sensibilisierung und Information der Letztverbraucher und Kosten der vorgesehenen Datenerhebung und -Übermittlung. Zusätzlich sind für die Abfälle von Tabakprodukten die Kosten der gemischten Abfallsammlung in Behältern auf öffentlich zugänglichen Flächen und der anschließenden Beförderung und Behandlung sowie die Kosten der Errichtung spezifischer Infrastrukturen für die Sammlung dieser Abfälle zu tragen.
§ 20 Verpackungsverordnung 2014 sieht nähere Vorgaben für die Sensibilisierung durch Information der Letztverbraucher vor.
Getrennte Sammlung
Das AWG 2002 enthält die Zielvorgabe, dass bis 2025 zumindest 77 Gewichtsprozent der Abfälle aus Einwegkunststoff-Getränkeflaschen (mit einem Fassungsvermögen von bis zu drei Litern) getrennt gesammelt werden.
Bis 2029 erhöht sich diese Zielvorgabe auf zumindest 90 Gewichtsprozent.
Die folgende Tabelle enthält eine Übersicht, welche Vorgaben für die jeweiligen Einwegkunststoffprodukte gelten:
Einwegkunststoffprodukte | Vorgaben gemäß AWG 2002 und Verpackungsverordnung 2014 |
---|---|
Besteck (Gabeln, Messer, Löffel, Essstäbchen) | Beschränkung des Inverkehrbringens (§ 13n AWG 2002) |
Feuchttücher | Kennzeichnungsvorschriften (§ 13p AWG 2002) Erweiterte Herstellerverantwortung (§ 18a VerpackungsVO) Sensibilisierungsmaßnahmen (§ 20 VerpackungsVO) |
Getränkebecher | Kennzeichnungsvorschriften (§ 13p AWG 2002) |
Getränkebecher, einschließlich ihrer Verschlüsse und Deckel | Verbrauchsminderung (§ 9 Z 17 AWG 2002) Sensibilisierungsmaßnahmen (§ 20 VerpackungsVO) Erweiterte Herstellerverantwortung (§ 18a VerpackungsVO) |
Getränkebecher aus expandiertem Polystyrol, einschließlich ihrer Verschlüsse und Deckel | Beschränkung des Inverkehrbringens (§ 13n AWG 2002) |
Getränkebehälter aus expandiertem Polystyrol, einschließlich ihrer Verschlüsse und Deckel | Beschränkung des Inverkehrbringens (§ 13n AWG 2002) |
Getränkebehälter ≤ 3 Liter, einschließlich ihrer Verschlüsse und Deckel | Produktanforderungen (§ 4 VerpackungsVO) Erweiterte Herstellerverantwortung (§ 18a VerpackungsVO) Sensibilisierungsmaßnahmen (§ 20 VerpackungsVO) |
Getränkeflaschen ≤ 3 Liter, einschließlich ihrer Verschlüsse und Deckel | Produktanforderungen (§ 4 VerpackungsVO) Getrennte Sammlung (Anhang 1a AWG 2002) |
Hygieneeinlagen (Binden), Tampons und Tamponapplikatoren | Kennzeichnungsvorschriften (§ 13p AWG 2002) Sensibilisierungsmaßnahmen (§ 20 VerpackungsVO) |
Lebensmittelbehälter aus expandiertem Polystyrol | Beschränkung des Inverkehrbringens (§ 13n AWG 2002) |
Lebensmittelverpackungen | Verbrauchsminderung (§ 9 Z 17 AWG 2002) Erweiterte Herstellerverantwortung (§ 18a VerpackungsVO) Sensibilisierungsmaßnahmen (§ 20 VerpackungsVO) |
Leichte Kunststofftragetaschen | Erweiterte Herstellerverantwortung (§ 18a VerpackungsVO) Sensibilisierungsmaßnahmen (§ 20 VerpackungsVO) |
Luftballons | Erweiterte Herstellerverantwortung (§ 18a VerpackungsVO) Sensibilisierungsmaßnahmen (§ 20 VerpackungsVO) |
Luftballonstäbe | Beschränkung des Inverkehrbringens (§ 13n AWG 2002) |
Rührstäbchen | Beschränkung des Inverkehrbringens (§ 13n AWG 2002) |
Tabakprodukte mit Filtern sowie Filter, die zur Verwendung in Kombination mit Tabakprodukten vertrieben werden | Kennzeichnungsvorschriften (§ 13p AWG 2002) Erweiterte Herstellerverantwortung (§ 18a VerpackungsVO) Sensibilisierungsmaßnahmen (§ 20 VerpackungsVO) |
Teller | Beschränkung des Inverkehrbringens (§ 13n AWG 2002) |
Trinkhalme | Beschränkung des Inverkehrbringens (§ 13n AWG 2002) |
Tüten und Folienverpackungen | Erweiterte Herstellerverantwortung (§ 18a VerpackungsVO) Sensibilisierungsmaßnahmen (§ 20 VerpackungsVO) |
Wattestäbchen | Beschränkung des Inverkehrbringens (§ 13n AWG 2002) |